Happy Ending

„I don‘t want a happy ending. Endings are the saddest part, just give me a happy middle and a very happy start.“

Sucht nicht jeder sein persönliches Happy End? Der Tag, an dem sich alles plötzlich zum Guten wendet und alle Probleme sich in Luft auflösen. Der Tag an dem die Guten endgültig siegen. Dieser eine Tag, an dem die Liebe alle Hindernisse überwindet. Warum sollten wir auch nicht danach suchen oder darauf hoffen, schließlich erleben wir diese Happy Endings ja jeden Tag. Zumindest durch die Geschichten, die wir in Büchern lesen oder in Filmen und Serien gezeigt bekommen. Doch genau das ist der Punkt, denn dabei handelt es sich um Geschichten. Geschichten, die an einem bestimmten Punkt anfangen und nach einer oft kurzen Zeitspanne an einem anderen Punkt enden. Und ob in dieser Geschichte nun ein paar Tage, Monate oder Jahre gezeigt werden, spielt erstmal keine große Rolle. Was von Bedeutung ist sind die Dinge, die nach dem vermeintlichen Happy End passieren, die aber nicht mehr Teil der Geschichte sind. Alle Höhen und Tiefen, die sich an das Ende der Geschichte normalerweise anschließen würden, die aber nicht gezeigt werden. Wäre dem so, gäbe es ja kein Happy End. Zum einen ganz offensichtlich, weil es sich nicht um ein Ende handelt, zum anderen, weil das Glück dieses Moments verfliegt. Denn genau das ist unser geliebtes Happy End, ein Schein. Ein Schleier des Glücks, der mit der Zeit fällt. 

Doch das sind keine neuen Erkenntnisse. Jeder weiß, dass das Leben der Protagonisten in unseren Büchern oder Filmen nicht für immer unbeschwert und glücklich bleiben kann. Aber wie oft denken wir daran, dass nach der großen Hochzeit am Ende einer Romanze, vielleicht irgendwann die Scheidung folgt. Oder wer stellt sich nach der gewonnenen Schlacht in einem Marvel Film die ganze Arbeit vor, die durch den Wiederaufbau der Stadt bevorsteht? – Wir leben gern in der Illusion des perfekten Endes, auch wenn wir wissen, dass es ein Schein ist. Die Frage sollte also nicht sein, wie finden wir unser persönliches Happy End. Denn wir wissen eigentlich, dass dieses nicht in der Form existiert, in der wir es tägliche gezeigt bekommen. Was wir uns stattdessen fragen sollten ist, wieso suchen wir überhaupt ein Happy End? 

Wünschst du dir ein Happy End? 

Ich glaube fast jeder würde diese Frage mit „Ja“ beantworten. Das interessante daran ist aber weniger die bloße Antwort auf die Frage, sondern vielmehr das, was man sich vorstellt, während man die Frage liest. Vielleicht seine große Liebe zu heiraten. Eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen. Vielleicht auch erfolgreich im Berufsleben durchzustarten. Oder auch mit seinem Partner alt werden. Was auch immer es war, das einem bei dem Gedanken an das persönliche Happy End durch den Kopf geht, war das wirklich ein glückliches Ende? Oder doch eher ein Etappenziel, ein Wunsch für die Zukunft oder ein glücklicher Anfang. Denkt man genauer darüber nach ist es nämlich schon fast paradox, die Frage nach dem Happy End zu stellen. Wer wünscht sich denn schon freiwillig ein Ende herbei?

„Endings are the saddest part“ 

Auf die Frage: „Wieso suchen wir überhaupt ein Happy End?“, lässt sich also eine relativ ernüchternde Antwort geben. Eigentlich suchen wir gar kein Happy End, denn genau genommen  wollen wir gar kein Ende. Was wir uns wünschen sind glückliche Momente, bedeutende Zwischenschritte in unserem Leben. Wir wollen eine glückliche Zukunft. Und erneut: es wäre unsinnig sich ein glückliches Ende von etwas zu wünschen, das möglicherweise noch nicht einmal begonnen hat. 
Es handelt sich also einfach um ein Missverständnis. Was wir als glückliches Ende aus Geschichten kennen, ist abgesehen von dem Ende der Erzählung eigentlich gar kein Ende. Unsere geliebten und ersehnten Happy Endings sind vielmehr bestimmte Lebensziele und Meilensteine. 

„just give me a happy middle and a very happy start.“

Wenn man es genau nimmt stellen die vermeintlichen Happy Endings, die uns aus Büchern und Filmen bekannt sind, sogar oft den Anfang von etwas dar. Wie zum Beispiel der Beginn einer Beziehung oder einer Ehe. Oder auch der Anbruch einer neuen Zeit, in der die Feinde besiegt und die Herrschaft „des Bösen“ überwunden wurde. Und ist es nicht viel schöner, etwas als Anfang statt als Ende zu begreifen? Wenn man das Gefühl von freudiger Erwartung verspürt, was noch alles auf einen zukommt. Denn obwohl man weiß, dass sich nicht alle Probleme in Luft aufgelöst haben, nur weil etwas schönes passiert ist und man einen perfekten Moment erlebt, fühlt man sich als könnte man diese Probleme bewältigen. Es ist also keineswegs so, dass sich bei einem „Happy Ending“ oder besser einem Happy Beginning alles zum Guten wendet. Was sich dadurch aber vielleicht ändern kann, ist die Sicht auf die eigenen Probleme oder die negativen Dinge, die einen beschäftigen. 

Somit ist ein Happy Beginning doch eigentlich begehrenswerter als ein Happy Ending. Weil es danach weiter geht und wir nicht nur die Möglichkeit haben, uns daran zurück zu erinnern, sondern gleichzeitig die Chance noch weitere schöne Erinnerungen zu schaffen. Wieso also einem Happy End hinterher jagen, wenn wir einen wunderschönen Anfang und einen riesigen Mittelteil mit kleinen perfekten Momenten haben können?


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